Aus Politische Berichte Nr. 7/2018, S.02 InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

Dreimal unilateral

Martin Fochler, München

Ab 11. bis zum 13. Juli treffen sich die EU-Innen- und Justizminister in Innsbruck; vorab wollen das Seehofer (Deutschland, CSU), Matteo Salvini (Italien, Lega Nord), Herbert Kickl, Österreich, FPÖ), alle drei Verfechter eines nationalstaatlich begründeten strengen Grenzregimes. Politisch Interessierte wissen, vor welche Probleme die Gestaltung der Grenze zwischen Irland und Nordirland die Brexiteers gestellt hat. Der Konfessions- und Bürgerkrieg in Nordirland sind der Öffentlichkeit noch gegenwärtig. Weniger bekannt ist der Konfliktstoff, den die Wiedererrichtung der Brennergrenze freisetzen würde.

Selbst wenn es mit Mitteln der Hochtechnologie gelingen würde, den Warenverkehr zwischen dem Süden und Zentraleuropa flüssig zu halten, die Behinderung des Personenverkehrs wäre auf keinen Fall zu vermeiden. Damit wären Beziehungen des Alltags, des kleinen Grenzverkehrs und der kulturellen Verflechtung zwischen dem italienischen und dem österreichischen Tirol belastet, der Nationalitätenkonflikt, der in Südtirol latent ist, würde angeheizt. Auch wäre der Aufwand immens. Da es um eine einseitige Maßnahme geht, wäre es mit verstärkter Polizeipräsenz an den Hauptübergängen nicht getan. Die Republik Österreich müsste ihre Alpengrenze bemannen und militärische Einrichtungen bauen, denn Polizei und Militär müssen gemeinsam ans Werk. Eine dementsprechend angelegte Übung hat die Republik Österreich an der Grenze zu Slowenien am 26. Juni mit großem Trara abgehalten. Der Verlauf muss ernüchternd gewesen sein. Die Alpengrenze zu Italien ist 430, die zu Slowenien 330 Kilometer lang. Österreich hat knapp 9 Millionen Einwohner.

Die kulturellen und wirtschaftlichen Belastungen durch „Grenzsicherungsmaßnahmen“ würden drückend sein. Würde sich die Konfliktlage zwischen der italienischen Regierung und der autonomen Region Südtirol im Zuge dessen verschärfen, würde die österreichische Regierung sich gefordert sehen, sie sieht sich als Unterzeichner eines Grenzabkommens von 1946 als eine Art Schutz- und Garantiemacht der Autonomie in Südtirol/Alto Adige.

Die wirtschaftlichen und zivilisatorischen Verluste, die infolge zuerst einer deutschen, dann einer österreichischen „Grenzschließung“ drohen, sind unabsehbar groß. Unilateral hat das Zeug zum Unwort des Jahres 2018.